26. April 2009: Hamburg Marathon
Unsere Ergebnisse:
Frank lief als Pacer für Claudia (3. Marathon)
Claudia: 4:25:43 h
Frank: 4:25:43 h
Laufbericht von Claudia Kümper:
Mein dritter Marathon – und wieder nicht vergleichbar mit den beiden anderen! Schon Wochen vorher machten sich Spannung, Vorfreude und auch immer mehr Zweifel breit: Mein wöchentliches Mindestpensum von 40 km hatte ich seit Jahresbeginn höchstens auf gelegentliche 50 km gesteigert, die langen Läufe fehlten noch und außerdem war ja geplant, dass ich dieses Mal ohne Frank als Pacer über die Strecke kommen sollte. Spätestens seit dem Köln-Marathon wusste ich, dass während längerer Läufe auf meinen Magen-Darm-Trakt kein Verlass war – auch dieser Gedanke beruhigte nicht gerade. Zudem beschäftigte ich mich eher mit meinen Fachbüchern als mit der mentalen Trainingsvorbereitung.
Es kam – wie so oft – anders als geplant. Zwei Wochen vor dem Marathon schaffte ich bei herrlichem Wetter (Sonnenschein, aber eher kühl) doch noch einen 32-km-Lauf, fühlte mich unterwegs gut (keine Übelkeit!!!) und staunte am Ende über durchschnittliche 6:05 min/km. Einen zweiten längeren Übungslauf zog ich danach gar nicht mehr in Betracht, um dieses positive Grundgefühl nicht in Frage zu stellen. Dann kündigte Frank ganz spontan und kurzfristig seine Teilnahme am Marathon an, und zwar wieder als mein persönlicher Begleiter (für ihn im Bereich der Grundlagenausdauer vor den nächsten höheren Zielen). Wie habe ich mich gefreut!
Am Samstag trafen wir uns auf der Marathon-Messe, wo meine Vorfreude angesichts der vielen Läuferinnen und Läufer und des sonnigen Wetters noch einmal sprunghaft anstieg. Das Wetter war am nächsten Tag auch wirklich supergut (mit 26°C im Schatten der wärmste Tag im April), vor allem für die vielen Zuschauer, die ihre Plakate hochhielten, der Läufermenge zujubelten oder ganz gepflegt auf dem Grünstreifen vor ihrem Haus die Kaffeetafel aufgebaut hatten. Der Blick über den Hafen, die Alster und die Besonderheiten der Stadtteile war beeindruckend. Überall spielte Musik, und dort, wo keine Zuschauer waren (wie z.B. im Tunnel), machten die Läufer durch Klatschen ihre eigene Musik. Schon bald wurde mir klar, dass ein sonnig-warmer Tag auch seine Schattenseiten hat: Es fehlt der Schatten! Schon bald hieß es an den Verpflegungsstellen zwei Becher trinken und zwei über den Kopf gießen – trotzdem sah ich (wenn ich Frank glauben darf) zeitweilig wie eine Tomate aus. Gelegentlicher Schatten unter Alleebäumen oder entlang von Häuserzeilen war fast eine Wohltat. Einige freundliche Menschen hatten auch Gartenschlauch-Duschen am Wegrand aufgebaut, die ich dankbar annahm.
Schon früh während des Laufes begann ich mit dem „Essen“ (wenn man den Verzehr von Powergel so nennen möchte), erstens um mein Gehirn durch den Zucker freundlich zu stimmen und zweitens weil das Frühstück schon ziemlich lange zurücklag, da wir am Morgen doch sehr früh gestartet waren (und weder Stau noch Zeitverlust bei der Parkplatzsuche hatten). Dadurch ging es mir spürbar gut und ich konnte Franks angepeiltes Tempo von 6:00 min/km prima mithalten. So hätte es gerne weitergehen können! Doch nach km 25 begann sich die „vertraute“ Übelkeit zu melden, erst nur subtil, aber dann immer stärker und ich schaffte es nicht, sie aus dem Kopf „wegzudenken“. Ab km 30 begann ich an den Verpflegungsstellen zu gehen, um meinen Magen beim Trinken nicht noch mehr aufzuregen und natürlich auch um mich zu erholen. Das hat mir sehr gut getan und ich bin im Nachhinein froh, dass ich auf meine Signale gehört habe und dem Ehrgeiz, die Strecke durchlaufen zu wollen, nicht nachgegeben habe. Der Anblick von Läufern, die sich am Rand übergeben mussten oder im Gras lagen, bestätigte mich in meiner Einstellung.
Irgendwann kam neben der Freude am Lauf natürlich auch die Erschöpfung. Das mangelnde mentale Training machte sich bemerkbar und so musste Frank als Mentaltrainer herhalten. Meiner Aufforderung: „Erzähl mir was!“ kam er zum Glück ohne langes Überlegen nach und berichtete anschaulich von vergangenen Läufen. Auf diese Weise merkte ich nicht, wie die nächsten Kilometer dahinflogen. Aber irgendwann waren seine Geschichten zu Ende und wir immer noch nicht am Ziel. Ich legte wieder eine Gehpause ein, bis ein engagierter Zuschauer mich namentlich anrief und mich aufforderte weiterzulaufen. Das tat ich dann auch und es ging! Immer wieder erzählte Frank mir, dass es nicht mehr weit sei, aber selbst diese Ankündigungen konnten keine Freude mehr auslösen. Ich war ziemlich ausgelaugt. Da fragte er, ob er mich ein Stück „schieben“ solle, was ich erst nicht verstand, aber dann, als ich seine Hand und den leichten Druck im Rücken spürte, sofort als rasante Temposteigerung wahrnahm. Neben der physischen war in diesem Moment sicher auch die moralische Unterstützung von erheblicher Bedeutung.
Auf den letzten Kilometern war das Publikum eine Riesenhilfe. Je näher wir dem Ziel kamen, desto intensiver wurden wir angefeuert, oft auch persönlich angesprochen. Dann meinte Frank, wenn ich jetzt gut durchhalten würde, wäre ich in 5 Minuten am Ziel. Ich mobilisierte alle Kräfte wie für einen Sprint (obwohl mein Laufstil sicher nicht an einen Sprint erinnerte) und wusste, dass ich dieses Tempo – falls Frank sich geirrt hätte und es doch länger als 5 Minuten dauern würde – nicht länger durchhalten könnte. Die letzte Verpflegungsstation schenkten wir uns und tatsächlich reichte das Tempo noch bis ins Ziel. Persönliche Bestzeit mit 4:25:43 Stunden! Jetzt war meine Kraft am Ende, und während Frank schon die Medaillenausgabe im Blick hatte, musste ich ihn erst noch einmal bitten, mich ein Stück zu „schieben“ (weg aus den Augen der Beobachter); ich hatte das Gefühl, keinen Schritt mehr laufen zu können. Dieses Gefühl änderte sich rasch; schon nach dem Empfang der Medaille fühlte ich mich deutlich frischer und erst recht nach den ersten Bechern Wasser. Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell die Strapazen vergessen sind! Die nächsten Minuten im Läuferdorf mit der Erstverpflegung, einem kühlen Bier, Telefonaten und netten Gesprächen mit anderen Läufern rundeten diesen Marathon perfekt ab. Während der anschließenden U-Bahnfahrt war das Bild in den überfüllten Waggons noch von Läufern geprägt, doch schon auf dem Weg zum Parkplatz kehrte bereits wieder ein Stück Normalität ein.
Es war ein großartiger Marathon, der mich zwar an die Grenzen meiner Belastbarkeit geführt hat, aber mir auch gezeigt hat, dass es sich lohnt, auf die Signale des Körpers zu hören, wenn durch die äußeren Bedingungen nicht mehr Leistung möglich ist. So habe ich zwar die angepeilten 4:20 Stunden (Frank meinte ja sogar 4:15 Stunden) nicht erreicht, aber ich habe einen Marathon „gewonnen“, der mir in sehr guter Erinnerung bleiben wird.
Website des Veranstalters: marathon-hamburg.de