April 2008: Marathon Deutsche Weinstraße

06. April 2008: Marathon Deutsche Weinstraße

Unsere Ergebnisse:

Frank Nicklisch: 3:37:28 h

 

Laufbericht von Frank Nicklisch

Das Training für die 24 Stunden in Steenbergen läuft seit Monaten auf vollen Touren. Als Vorbereitungswettkämpfe habe ich bereits die 50 km in Rodgau im Januar und Anfang März den Bienwaldmarathon hinter mich gebracht.

Lange Zeit war ich unschlüssig, welchen Wettkampf ich noch als Vorbereitung laufen soll. Eigentlich sollte es ein Ultralauf sein, aber es war nichts passendes zu finden. Also doch ein Marathon. Die Wahl fiel kurz entschlossen auf den Marathon Deutsche Weinstrasse, der auf hügeliger Strecke von Bockenheim nach Bad Dürkheim und zurück führt.

Für eine Voranmeldung war es bereits zu spät, also würde ich mich am Morgen vor dem Rennen noch nachmelden müssen.
Am Vorabend war ich mir immer noch unsicher, ob ich wirklich laufen soll, denn der Wetterbericht versprach eine Regenwahrscheinlichkeit von 94%.

Am Sonntag um 7:30h ging es bei leichtem Regen los, von Neuwied in die Pfalz. Bereits nach wenigen Kilometern wurde der Regen flockiger und beim Anstieg auf den Hunsrück folgte heftiger Schneefall. In kürzester Zeit war die Autobahn vollständig mit Schnee bedeckt. Ich kam ins Grübeln. Soll ich wirklich bei diesem Wetter laufen? Soll ich nicht besser umdrehen und nach Hause fahren? Aber heißt es nicht an der Weinstraße ist ein deutlich wärmeres Klima?

So fahre ich mit gemischten Gefühlen weiter. Ich habe als Wettkampfkleidung kurze Hosen und ein T-Shirt mitgenommen. Das einzige Zugeständnis an eventuelle Kälte waren ein paar Handschuhe. Jetzt denke ich darüber nach, ob ich nicht besser die Thermohosen und eine Jacke eingepackt hätte.

Doch kaum überquere ich die Nahe ändert sich das Wetter. Es hört auf zu regnen und als ich bei Alzey auf die Weinstraße abbiege scheint sogar die Sonne. Es ist also so wie es immer war, in allen vorangegangenen Wettkämpfen. Die Prognose konnte schlecht sein wie sie wollte, solange ich auf der Strecke war, war es trocken. So würde es also auch heute sein.

Ich erreiche Bockenheim, finde schnell einen Parkplatz und melde mich an. Im prall gefüllten Läuferbeutel finde ich sogar eine Flasche Dornfelder – wir sind ja schließlich an der Weinstraße.
Die Sonne scheint jetzt kräftig und es sieht nicht akut nach Regen aus. Ich bin mit meiner Kleidungswahl zufrieden und lasse die Handschuhe im Auto. Eine Entscheidung die ich noch bitter bereuen werde.

Die Startaufstellung ist nach Zeiten in Blöcke eingeteilt und ich sortiere mich im Block 3:15h bis 3:45h im hinteren Teil ein. Ich will in etwa 3:45h laufen, in Anbetracht der immerhin 495 Höhenmeter eine für mich ehrgeizige Zeit.
Während ich also auf den Start warte schaue ich mir die anderen Läufer an. Ich habe mehr und mehr das Gefühl im falschen Block zu stehen. Viele der anderen Läufer machen nicht ansatzweise den Eindruck, als ob sie einen Marathon unter 3:45h laufen könnten, geschweige denn auf dieser Strecke.
Aber ich stehe richtig, es ist nur wieder das alte Problem, eine Mischung von grenzenloser Selbstüberschätzung und Rücksichtslosigkeit anderen gegenüber.

Als der Startschuss fällt setzt sich das Feld langsam in Bewegung. Es dauert 58 Sekunden bis ich die Startlinie überschreite, verlorene Zeit, da hier nur die Bruttozeit gestoppt wird. Doch auch hinter der Startlinie geht es nicht so recht voran. Ich bin eingekesselt in einem Block der sich mit ca. 6:00/km vorwärts bewegt.

Doch ich bin heute nicht hier um Bestzeiten zu laufen, ich mache einen Trainingsmarathon. Also lasse ich die Stimmung auf mich wirken, die Zuschauer die uns zujubeln, die vielen Läufer, die hier ein Fest auf der Strecke feiern.

Nach zwei Kilometern, für die ich fast 13 Minuten gebraucht habe lichtet sich das Feld etwas und ich kann anfangen zu überholen. Schlagartig erhöht sich mein Kilometerschnitt auf 4:45. Ich stelle fest das ich zu schnell bin. Ich muss für mein Ziel von 3:45h einen Schnitt von etwa 5:20 laufen, also nehme ich etwas Tempo heraus.

Jetzt kommt auch die erste Steigung und ich laufe meinen Schnitt von 5:20 konsequent den Berg hoch. Die Steigung ist früher zu Ende als ich dachte und im folgenden relativ flachen Bereich mit leichten Steigungen und Gefällestücken ziehe ich unwillkürlich das Tempo etwas an.

Die Strecke zieht sich durch die Weinberge und von Dorf zu Dorf. Das Wetter ist angenehm zum laufen, für die Zuschauer aber vielleicht etwas zu kalt. Trotzdem stehen überall Zuschauer und feuern uns an.

In Grünstadt trennen sich die Halbmarathonläufer von den Marathonläufern und plötzlich wird es deutlich leerer auf der Strecke. 10 km sind bereits geschafft und ich fühle mich noch frisch. Ich habe bis hierher 53 Minuten gebraucht und liege damit genau im Plan. Die Verzögerung von Start habe ich bereits aufgeholt.

Jetzt folgt eine lange Steigung über Bobenheim am Berg und Weisenheim am Berg. Bereits kurz hinter Grünstadt beginnt es plötzlich zu hageln. Ich dachte mir noch, Hagel ist noch ganz OK, es könnte schlimmer kommen. Und es kam schlimmer…

Die Steigung zieht sich bis km 15 und ich behalte mein Tempo von etwa 5:00/km bei. Auch die anderen Läufer zeigen sich unbeeindruckt von dieser etwa fünf km langen Steigung.
Doch nach jeder Steigung kommt auch wieder ein Gefällestück und jetzt geht es bis Bad Dürkheim nur noch bergab. Ich lasse es richtig laufen und erhöhe mein Tempo auf 4:30/km.

Ich komme mit anderen Läufern ins Gespräch und so fliegen die Kilometer dahin. In Bad Dürkheim erreiche ich die Halbmarathonmarke nach 1:46h. Ich bin sieben Minuten unter meiner Planzeit und fühle mich immer noch frisch.

Das Wetter hat wieder etwas aufgeklart und die Sonne scheint zeitweise. So geht es hochmotiviert auf den Rückweg. Hinter Ungstein beginnt eine lange Steigung nach Herxheim am Berg und das Tempo fällt wieder. Doch bisher ist noch alles im Rahmen, ich laufe auf eine Zielzeit von 3:33h.

In Herxheim ist auch der höchste Punkt des Rückwegs erreicht und jetzt geht es bergab. Ich laufe den schnellsten Kilometer des Marathons in 4:21 Minuten.
Doch es hat mittlerweile angefangen zu Regnen, zuerst nur ein wenig, dann immer stärker. Dazu weht ein eisiger Wind schräg von vorne. Ich suche den Windschatten von anderen Läufern.

Die Kilometer ziehen sich mehr und mehr. Obwohl die Strecke keine wesentlichen Steigungen mehr aufweist sinkt mein Tempo auf 5:15 ab. Die Muskeln in den Beinen werden zunehmend steifer und das Laufen wird zur Qual.

An den Verpflegungsständen mache ich Gehpausen, da ich Probleme habe meine Hände um die Becher zu schließen und das Power Gel aus der Tasche zu fummeln. Es wird jetzt auch ein Rieslingschwamm angeboten, aber ich lehne ab. Die Temperatur liegt nur knapp über null Grad, man hat den Eindruck als ob es schneien wollte.
Ich versuche während des Laufens die Hände in Bewegung zu halten um die fortschreitende Unterkühlung an den Armen aufzuhalten. Ich denke sehnsüchtig an die Handschuhe, die jetzt im Auto liegen.

Aber nicht nur die Läufer kämpfen sich durch den Regen, auch die Zuschauer halten durch. Sie stehen unter Regenschirmen, Brücken und Vordächern und feuern uns unverdrossen an. Gerade jetzt hilft das, um nicht zu verzweifeln.
Das nasse T-Shirt klebt am Körper und in den Schuhen steht das Wasser. Die Pfützen auf dem Weg werden immer größer und bisweilen führt kein Weg daran vorbei.

Dann geht es bergab nach Asselheim. Ich nehme wieder Tempo auf und laufe zügig durch den Ort um dann vor der berüchtigten Asselheimer Wand zu stehen. Drei Kilometer vor dem Ziel ist hier noch einmal eine Steigung mit etwa 50 Höhenmetern auf etwa 800 Metern Strecke. Der Regen, die Kälte und jetzt noch das! Ich kapituliere! Einen Teil der Steigung gehe ich hinauf.
Nach dieser kurzen Pause läuft es aber deutlich besser. Ich kann wieder mein altes Tempo laufen und nähere mich dem Ziel.

Auf einer letzten kleinen Steigung in Bockenheim mache ich noch einmal eine kurze Gehpause, doch kaum gehe ich da klopft mir ein anderer Läufer auf die Schulter und fordert mich zum weiterlaufen auf. Nur zu gerne lasse ich mich motivieren und so laufen wir gemeinsam weiter auf das Ziel zu.

Wir erreichen gemeinsam das Ziel nach 3:37:28. Im strömenden Regen gehe ich zum Verpflegungsstand und lasse mir heißen Tee geben. Meine Hände kann ich nur noch wie in Zeitlupe bewegen und ich habe Schwierigkeiten den Becher zu halten. Zum lösen der Sicherheitsnadeln an der Startnummer benötige ich eine schiere Ewigkeit.

Als ich Bockenheim wenig später verlasse hat es aufgehört zu regnen und die Sonne scheint wieder.

Zur Website des Veranstalters: www.marathon-deutsche-weinstrasse.de