Oktober 2008: Köln Marathon

 05. Oktober 2008: Köln Marathon

Unsere Ergebnisse:
Frank lief als Pacer für Claudia (2. Marathon)
Claudia: 4:27:58
Frank: 4:27:58

 

 

Laufbericht von Claudia Kümper:

 

Über  meinen ersten Marathon, den Lauf in Berlin vor einem Jahr, habe ich bisher keinen Bericht geschrieben. Ich traute mich nicht angesichts der Tatsache, dass ich wohl aus dem Schwärmen nicht herausgekommen wäre. Noch heute denke ich, dass es eine ganz außergewöhnlich schöne „Premiere“ war mit Frank als Pacer und Mutmacher an der Seite sowie Tatjana und Iris als Fotografinnen und Streckenposten an den verabredeten Stellen (und darüber hinaus) und insbesondere, dass ich mit diesen lieben Menschen meine Aufregung vor und die Freude nach dem Lauf teilen konnte. Ich habe die Eindrücke und Bilder noch immer vor Augen: Unsere Ferienwohnung in der Nähe des Kleingartenvereins „Kamerun“, wo wir am Samstag einen Riesenberg Nudeln kochten (und wo – ganz unauffällig! – schon eine Flasche Sekt im Kühlschrank deponiert wurde), die Marathonmesse, wo ich das tolle T-Shirt entdeckte, das die anderen mir – natürlich nur nach erfolgreichem Lauf sinnvoll! – schenken wollten, die besondere Stimmung der Großveranstaltung mit kreisenden Hubschraubern und Luftballons, das Glück mit dem Wetter (nach den dunklen Wolken am Morgen), das supertolle, glückliche, stolze Gefühl, als ich nach 4:27:34 Stunden über die Ziellinie lief und die Party am Abend mit dem Auftritt des neuen Weltmeisters und der weiteren Spitzenklasse. Darüber hinaus blieb ich sogar noch von übermäßigem Muskelkater verschont! Das ist eigentlich nicht zu toppen!! – dachte ich.

Natürlich ist diese Erlebnis zu toppen – durch die Erfahrung, dass der Körper schlapp macht und der Kreislauf einbricht (oder war es umgekehrt?), der Magen-Darmtrakt sich immer unbarmherziger meldet und eine weitere Aufnahme von Flüssigkeit oder Nahrung nicht mehr möglich ist (wer außer mir hat wohl noch das Dixi-Klo nur 2 km vor dem Zieleinlauf aufgesucht?), dass ich – nur noch angetrieben von Frank, der hervorragende Pacer-Arbeit leistete, mein Windschatten bei Regen und stürmischen Böen und permanenter Antreiber während mutloser Phasen war – trotz aller Widrigkeiten doch das Ziel erreiche.
Ich rede von Köln 2008.

Die Anspannung vor dem zweiten Marathon ist eine ganz besondere. Wird der zweite Lauf dem Vergleich standhalten? Kann ich meine Zeit verbessern? Werde ich wieder diese Freude empfinden?

Als Frank mir anbot, auch in diesem Jahr wieder einen Herbstmarathon mit mir zusammen zu laufen, musste ich nicht lange überlegen. Natürlich wollte ich! Mein regelmäßiges wöchentliches Laufpensum lag um 50 km und wurde im September auf  70 km gesteigert mit zwei „langen“ Läufen von 30 km. Außerdem hatte ich die Marathondistanz ja schon einmal geschafft, so machte ich mir Mut. Vom Köln-Marathon hatte ich schon viel gehört, vor allem von dem tollen Publikum. Zudem konnte ich das Wochenende bei Tatjana, Frank, Lena und Luca in Neuwied verbringen. Ich denke noch gerne an diese schöne Zeit in der Familie, den Samstag in Köln mit Besuch der Marathonmesse, dem Legoladen und der Kuscheltierausstellung. Und ich war zum ersten Mal im Kölner Dom. Das Wetter war herrlich, die Wettervorhersage für den nächsten Tag scheußlich.

Am Sonntagmorgen machte sich die übliche Nervosität breit, zum Thema Wetter dachte ich nur: „Da müssen wir jetzt durch!“. Tatjana, Lena und Luca packten ihre Regenschirme ein und ließen es sich nicht nehmen uns zu begleiten. Wie schön ist es, wenn die vertrauten Gesichter auf der Strecke auftauchen! Auch Manfred hatte die Absicht aus Heimerzheim anzureisen und bei km 24 auf uns zu warten. Würde er sich vom Wetter abschrecken lassen? – Natürlich nicht! Er stand unter dem gut präparierten und damit weit sichtbaren Regenschirm und machte Fotos. Welche Freude!

Die Wartezeit im Startblock kam mir ziemlich lang vor, dabei hatten wir die warme Messehalle erst spät verlassen. Endlich kam Bewegung in die Masse – es ging los! Ich war erleichtert, die Anspannung fiel ab, nun musste ich „nur noch“ durchhalten. Von Frank kamen die regelmäßigen Meldungen, dass wir etwas zu schnell unterwegs wären (angepeilt hatten wir 6,0 min / km), aber ich fühlte mich gut, eine gewisse Euphorie machte sich breit, als sich vertraute Szenen aus dem Vorjahr wiederholten: Musikbands am Straßenrand, persönliche Ansprache aus dem (wildfremden) Publikum, Kinder, die abgeklatscht werden wollten, Jugendliche, die ihre Boxen in die offenen Fenster stellten und weißhaarige Damen, die freundlich hinter ihren Topfpflanzen auf der Fensterbank zuschauten („Kamelle“ schoss es mir durch den Kopf).

Die Halbmarathonzeit war mit 2:03:17 Stunden meine beste je erreichte. Ich hatte mich warmgelaufen und meinte noch zu Frank, dass ich inzwischen bestimmt einen hochroten Kopf hätte. Kein Kommentar (Erst nach dem Lauf erzählte er mir, dass ich zu diesem Zeitpunkt schon ziemlich blass um die Nase war). Einige Kilometer später fragte er mich, ob ich Kreislaufprobleme hätte. Ich horchte in mich hinein, merkte natürlich schon den „Mann mit dem Hammer“ näher kommen (den kannte ich ja schon) und Frank machte mir Mut, dass man die „Mauer“ ja irgendwann auch wieder hinter sich lässt. Das stimmte auch, aber dieses Mal leider nur für kurze Zeit, dann machte sich ein flaues Gefühl in der Magengegend breit. Ich mochte nichts mehr essen oder trinken und verlor zunehmend Kraft. Das Tempo war nicht zu halten, meine Gedanken kreisten um die Erkältung, die ich vor zwei Wochen hatte (war ich doch noch nicht wieder fit?) und fixierten sich immer mehr auf die Muskelverkrampfung im rechten Oberschenkel (eine Folge der Fehlbelastung aufgrund einer Sehnenreizung im linken Fuß vor ein paar Wochen?). Es fiel mir schwer irgendwelche positiven Gedanken zu formulieren und das Laufen wurde zur Qual.

So hatte ich mir meinen zweiten Marathon nicht vorgestellt! Ich nahm kaum noch wahr, wie wir Kilometer um Kilometer hinter uns brachten, dabei hatte ich doch die Stimmung und das Publikum genießen wollen! Den Gedanken an eine Gehpause schob ich sofort zur Seite, erstens würde es meinem Kreislauf auch nicht besser gehen und zweitens bezweifelte ich, dass ich wieder „anrollen“ könnte. (Kurz vor dem Ziel – nach dem Dixi-Klo – machte ich die Erfahrung, dass ich doch wieder loslaufen konnte, auch wenn ich in diesem Moment die völlig verspannten, schmerzenden Muskeln besonders deutlich spürte). Als die Deutzer Brücke in Sicht kam, steckte ich mir ein Stück Traubenzucker in den Mund, das sich nicht einmal ansatzweise auflöste, so trocken war die Schleimhaut. Also zerbiss ich es mit der Folge, dass sich prompt mein Magen wehrte. Zum Glück begann der Zucker rasch zu wirken und die Übelkeit verflog. Nun waren wir auf dem letzten Kilometer, mir ging es besser und ich schaffte trotz eines etwas humpelnden Gangbildes so etwas wie einen Endspurt. Als ich zusammen mit Frank über die Ziellinie lief, war ich vor allem erleichtert, froh und stolz (in dieser Reihenfolge).

Die Wärmefolie nahm ich dankend an und mit der frisch umgehängten Medaille ließen wir uns vom Fotografen ablichten. Noch während ich mich durch den Zielbereich schob, machte sich ein immer stärkerer Schüttelfrost breit, den ich nicht unterdrücken konnte. Nun waren die Muskeln so richtig verspannt!

Frank drückte mir einen Becher Brühe in die Hand (darauf hatte ich gerade gar keinen Appetit), den ich zum Teil verschüttete, aber auch trank – und es ging mir besser. In der Messehalle nahmen wir unsere Beutel in Empfang und ich war sehr froh über die trockene Wechselkleidung. Ganz langsam (schnell ging bei mir nicht mehr) machten wir uns auf den Weg zum Treffpunkt mit Tatjana und den Kindern. Auf der Rückfahrt nach Neuwied hielten wir noch an einer Tankstelle, um – dem Anlass angemessen – Kölsch zu kaufen, das uns zur Pizza am Abend prima mundete. Vor dem Essen stießen wir jedoch mit Sekt an, was mich an unsere Feier nach dem Lauf in Berlin erinnerte. Ganz gemischte Gefühle gingen mir durch den Kopf: Eigentlich hatte ich allen Grund stolz zu sein, schließlich hatte ich trotz des Einbruchs meine Vorjahreszeit nur um 24 Sekunden verpasst, andererseits hatte ich natürlich mehr erhofft… Ich war körperlich ausgebrannt, mir fehlte die grandiose Euphorie wie nach dem Berlin Marathon. Dieses Mal breitete sich das Glücksgefühl nur langsam aus, dafür aber nachhaltig und gepaart mit der Dankbarkeit, dass ich es überhaupt so weit geschafft habe.

Mein Muskelkater dauerte drei Tage an, am ersten Tag hätte ich noch bei jeder Treppenstufe aufschreien können. Vor einigen Tagen habe ich mich für den Hamburg Marathon angemeldet. Ich bin schon gespannt!

Zur Website des Veranstalters: www.koeln-marathon.de