Swissalpine (78 km, 2.560 hm)
Unsere Ergebnisse:
Claudia Kümper: 13:05:32 h
Quelle: Privat und alphafoto.com
Laufbericht von Claudia zum Swissalpine:
Der Swissalpine war ein wunderbarer, abwechslungsreicher Lauf mit grandiosen Aussichten, steilen Anstiegen bei unbarmherziger Sonneneinstrahlung, einem ebenso steilen Abstieg durch ein Felsblockfeld – aber statt Sonnenschein mitten in den Wolken mit eingeschränkter Sicht und gefühlten Kühlschranktemperaturen, bester Verpflegung (besonders die Rosinenbrötchen!), vielen netten Helfern und immer der Zeit im Nacken…
Frank hatte mir versprochen, mich – die ich keinerlei Bergerfahrung hatte – durch den Swissalpine zu bringen. Und er sollte sein Wort halten. Dabei ging es ihm schon auf den ersten Kilometern nicht so richtig gut, Magenprobleme, zu wenig Flüssigkeitsaufnahme und mindestens 10 Grad mehr als die angekündigten 17°C Tageshöchsttemperaturen verursachten Muskelkrämpfe und zwangen ihn schon relativ früh zu Gehpausen und später bei den Anstiegen immer wieder zu Pausen, um die Muskeln zu dehnen. Bereits seit Bergün (km 40) war uns die Zeit im Nacken, denn dort hörten wir beim Verlassen des Ortes den Sprecher munter erzählen, dass in 15 Minuten die Cut-off-Zeit erreicht sei. Da lag der Anstieg zur Keschhütte noch vor uns!
Auf dem Anstieg zur Keschhütte brannte die Sonne richtig im Nacken und keiner der Läufer aus der Gruppe um uns hatte Lust oder Atem, um sich zu unterhalten. Franks Pausen wurden nicht weniger und er quälte sich tapfer Salz und Traubenzucker rein. Irgendwann meinte er, ich solle bis zur Keschhütte in meinem eigenen Tempo vorlaufen, damit wenigstens ich die Cut-off-Zeit dort oben schaffe. Dort wollte ich bis zum Ablauf der Zeit auf ihn warten, damit wir – wenn er es noch schaffen würde – zu zweit weiterlaufen könnten, ansonsten sollte ich alleine weiter. Das war eine traurige, aber vernünftige Entscheidung, auch wenn unsere Pläne ganz anders ausgesehen hatten.
Auf der Keschhütte wartete ich bis zur allerletzten Minute auf Frank, ehe ich mich alleine auf den Weg machte. Mit mir waren nur noch weniger als eine Handvoll Läufer unterwegs und als „Schlusslicht“ (statt Besenwagen) ein drahtiger offizieller Bergläufer, der die Gruppe im Blick behielt. Jetzt galt es, keine Schwächen mehr zuzulassen. Durch eine traumhaft schöne Landschaft näherten wir uns dem Sertigpass (2739 m). Dort merkte ich bei jedem Schritt, dass ich an die dünne Luft überhaupt nicht adaptiert war. Die anderen bewegten sich aber auch wie die Ameisen am Berg.
Auf der Höhe empfing uns ein jäher Wetterumschwung, es wurde plötzlich richtig dunkel und man konnte durch Nebeldunst und Wolken nicht mehr allzu weit schauen. Es war Regen angekündigt, und ich vermisste meine wasserdichte Jacke, die in Franks Rucksack lag. In mir brannte der Ehrgeiz,den Lauf bis ins Ziel zu schaffen, und so ließ ich mich weder von Felsbrocken, noch von Wasserläufen oder Schneefeldern auf dem Weg entmutigen. Ich war geradezu erstaunt, wie gut ich ins Tal kam (auch wenn meine Gesichtsmuskeln eingefroren und meine Hände dick geschwollen waren).
Klatschnass kam ich in Sertig Dörfli an und blickt mich suchend nach dem weiteren Verlauf der Strecke um. Fröhlich gratulierten mir die Offiziellen zu meiner Leistung und meinten, ich solle jetzt doch lieber mit dem Bus nach Davos fahren. Ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen – 11 km vor dem Ziel!!! In der Ferne waren noch ein paar Läufer zu sehen, da lief ich einfach weiter und begab mich zusammen mit einer Kleingruppe, die kurz nach mir eingetroffen war, auf die Verfolgungsjagd. Nun galt es Tempo zu machen.
Irgendwann waren die Lautsprecher vom Sportzentrum in Davos durch den Wald zu hören und spornten mich an. Aber ich merkte auf den letzten Kilometern, dass ich die 13 Stunden nicht mehr schaffen kann. Ein anderer Läufer machte mir Mut, dass der Besenwagen noch hinter uns sei, und so lief ich unter Applaus und mit persönlicher Ansprache vom Stadionsprecher nach 13:05:32 Stunden sehr glücklich ins Ziel.
Hier wartete Frank auf mich, der sich trotz seines offiziellen Endes an der Keschhütte noch weiter bis Sertig Dörfli durchgeschlagen hatte und dann erst in den Bus (wahrscheinlich den selben, den sie mir anbieten wollten) gestiegen war. Er hatte sein Versprechen, mich durch den Lauf zu bringen, wahr gemacht – zuerst durch die persönliche Begleitung und später durch die Botschaft, dass ich es noch schaffen könnte.